Mancher wird nun vielleicht aufschreien: "Igitt, Feminismus! Das könnte ja unbequem und/oder nicht nachvollziehbar für mich sein." Klar, Feminismus treibt die Sachen manchmal auf die Spitze, schreit bisweilen Wolf, wo unter dem Schafspelz doch nur ein Lamm steckt. Aber in einer Zeit, wo solche Wölfe nach wie vor ihr Unwesen treiben, in der im Familienfernsehen über den Sex-Appeal fast noch jugendlicher Damen geurteilt wird, in der das Abweichen von tradierten Rollenbildern immer noch Augenbrauen oder gar Fäuste zum Heben bringt, da kann es sicherlich nicht schaden, wenn man sich, gerade wegen dieser Fremdheit der Perspektive, sich den Standpunkt einer feministischen Gamerin einmal anhört, reflektiert und vielleicht seine Lehren daraus ziehen kann.
Allem, was Anita Sarkeesian in den folgenden Videos so sagt, kann ich auch nicht zustimmen. Zum Beispiel halte ich Alan Wake als Beispiel für ein Spiel, in welchem die Freundin des Helden die Rolle des hilflosen Fräuleins, das von ihrem wackeren Recken gerettet werden muss, eher unpassend. Gerade in diesem Spiel war sie es doch, die Alans Fels in der Brandung darstellte, ihn am Schlawittchen packte und den Weg aus seiner Hilflosigkeit zeigte. Kaum ist sie verschwunden, ist es doch gerade Alan, der in Distress gerät und sich kontinuierlich weiter in die Spirale der wahnhaften Verwirrung schraubt. Zu Beginn des Spiels ist alles idyllisch, warm und hell, ab dem Verschwinden von Alice kehrt die Dunkelheit ein und die Gefahr lauert hinter jedem Baum.
Aber, und das finde ich einen ganz großen Pluspunkt an der Videoreihe, Sarkeesian erhebt gar nicht den Anspruch die unumstößliche Wahrheit zu verkünden und sieprangert auch nicht an, sie zeigt lediglich Beispiele auf, die isoliert vielleicht gar nicht so problematisch sind, eingebettet in das große Ganze aber einen faulen Status Quo stützen, der Frauen und Mädchen in ein Rollenkorsett zwängt, was manchen vielleicht passen mag, viele Frauen verständlicherweise aber gerne ablegen würden. Und Schande über den, der jetzt an Nacktheit denkt.
Ich warte gespannt auf Teil 3 der Reihe, der, ein weiterer Bonus für Damsel in Distress, Spiele lobend aufzeigen wird, die es richtig machen und den Lauf der Zeit erkannthaben und vorantreiben, oder die es zumindest versuchen. Ich sorge jedenfalls immer wieder für Verwunderung wenn ich sage, dass mein Commander Shepard weiblich ist, und das nicht mal, um Inter-Spezien-Lesben-Sexbeobachten zu können. Schön fände ich ja mal ein Spiel, in welchem sowohl der Held, als auch die Person in Distress männlich sind und erst ganz am Ende, in der finalen Cutszene des Spiels dem Spieler bewusst wird, dass er soeben ein schwules Paar wiedervereint hat. Auf die Reaktionen wäre ich gespannt, aber das hat jetzt schon kaum mehr was mit dem Thema zu tun.
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