Dienstag, 16. September 2014

Gamephilephotos 1 – Anfang

Wer auf Twitter unterwegs ist, der wird nicht daran vorbei gekommen sein, vor gut einer Woche über das Hashtag #cinephilephoto gestolpert zu sein. So ging es auch dem guten Herrn Redmaker, denn ich hatte ihm das Hashtag eigenhändig vor die Füße geworfen. Bei dieser Aktion ging es darum, einen Screenshot aus irgendeinem Film zu posten, welches optimal veranschaulicht, weshalb man der Liebe zum Film verfallen ist. Dies hier waren übrigens meine beiden Beiträge hierzu. Inspiriert von dieser netten Challenge hat Redmaker nun das Blogprojekt #gamephilephotos ins Leben gerufen. 


Und so geht's: Die Teilnehmer suchen sich zum jeweiligen Wochenthema einen Screenshot aus einem Videospiel und erklären mehr oder, in meinem Fall vermutlich, weniger kurz weshalb sie beim gegebenen Thema eben jenes Bild vor Augen hatten,

Den Anfang macht der Begriff "Anfang". Na, dann mal los!


"Im Anfang war das Wort", heißt es in der Bibel. Damit können ja nur textbasierte Adventures gemeint sein. Ein Screenshot hiervon wäre allerdings reichlich langweilig und sowieso habe ich erst ein einziges solches Adventure gespielt,The Hitchhiker's Guide to the Galaxy nämlich... und dort hab ich es nie weiter als die matschige Pfütze vor dem heranbrummenden Bulldozer geschafft. Außerdem bin ich mir gar nicht so sicher, dass solche Spiele wirklich den Anfang gemacht haben, aber naja... Bibelzitat halt.

Meine erste Assoziation zu dem Begriff "Anfang" war eine ganz andere. Nicht etwa das Spiel, welches meinen persönlichen Videospielerfahrungsgrundstein darstellt (das wäre ein französisches Adventure namens Troubadours für den Atari ST, zu dem ich auch einiges Schreiben könnte, aber ich habe mich ja, wie gesagt, nicht hierfür entschieden), sondern das Spiel, welches mir von Anfang an, noch vor dem ersten Knopfdruck, wohlige Gänsehaut bescherte.

Ein schwarzer Bildschirm. Fade-in: eine Hügellandschaft im Morgengrauen, der Mond sinkt ebenso rapide wie sanft gen Horizont, aus der Ferne hört man Hufschläge nahen, wohlig minimalistische Streicherklänge schmeicheln sich einem ins Ohr... und dann ist er endlich da: der erste dreidimensionale Link und, was fast genauso aufregend ist, der sympathisch ackergaulige Klepper namens Epona. "Mmmmwaaaaahhhh!" war ungefähr der Gedanke, der mir in diesem Moment im Sinn pochte, und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich ihn auch genauso geäußert habe, damals.
 


The Legend of Zelda: Ocarina of Time kam in Europa am 11.12.1998 auf den Markt. Nur wenige Monate zuvor hatte ich mich von der videospielskeptischen Willkür meiner Eltern ein Stück weit emanzipiert und mir zum ersten Mal von meinem eigenen Geld eine Konsole gekauft, ein augenöffnendes Erlebnis, diese Selbstbestimmtheit in Sachen multimedialer Unterhaltung. Klein Spottiño wurde bewusst, dass er nun auch seine Videospielsammlung selbst bestimmen konnte und nicht mehr mit den Spielen vorlieb nehmen musste, die halt bei dem gebrauchten SNES bzw. GameBoy dabei waren, den ihm seine Eltern bzw. der Freund seiner Schwester geschenkt bzw. dauergeliehen hatten. Doch mit großer Macht kommt auch große Verantwortung, vor allem dem eigenen Taschengeldbeutel gegenüber. Also begann ich zu jener Zeit, mich gründlich zu informieren, was auf dem Videospielmarkt so geschah und worauf es sich lohnte, ein Auge zu werfen. Kurz: ich begann mit der regelmäßigen Lektüre von Fachzeitschriften. Und die verrieten mir schon lange im Voraus: mit Ocarina of Time kommt da was ganz Großes, auf das man sich zu freuen hat. Also freute ich mich, ich fieberte dem Release gar entgegen.

So sehr freute ich mich, dass ich willens war, den für damalige Verhältnisse durchaus happigen Preis im selben Monat wie die Weihnachtsgeschenke für meine Familie zu stemmen. Dafür musste natürlich im Vorhinein ordentlich gespart werden, was der Vorfreude aber nur zuträglich war. Und dann war es endlich so weit, der Releasetermin rückte immer näher, ein Trip nach Deutschland, wo solche Sachen aus sparfuchsigen und spracxhausgabigen Gründen gekauft wurden, war auch schon geplant, ich hatte beim dortigen Elektrofachhandel angerufen und mir das Spiel zurücklegen lassen – ein Akt der Selbständigkeit wie er mir damals nicht eigen war und demnach eine gewisse Überwindung kostete – und dann das: Mama ward krank, nix wurde aus der Fahrt nach Aachen...

Nun gut, dann halt die Woche drauf, letztes Wochenende vor Weihnachten, hieß: Eltern fahren alleine, um ungestört und ohne Versteckspiele Präsente besorgen zu können. Fein, von mir aus, gab ich ihnen halt einen Zettel mit dem heiß ersehnten Titel und den Auftrag mit, eben jenen für mich zu besorgen. Der sturmfreie Samstag konte gar nicht so recht genossen werden, so groß war die Hibbeligkeit. Und dann, am Abend, als die Eltern zurückgekehrt waren: "Tut mir leid, wir haben es nicht mehr in den Saturn geschafft!" Aber..! Also..! Ich habe doch extra..! Fuuuuuuuuuuuu! Was folgte, war eine Episode wütend aufgebrachter, von enttäuschtem Anspruchsdenken getriebener Rotzbengeligkeit, für die ich mich heute noch schäme. Aber ich wollte es doch auch so sehr! Der starke Verdacht, dass meine Eltern es sehr wohl in den Laden geschafft hatten und mir die Einreise nach Hyrule lediglich bis Heiligabend verwehren wollten, machte das alles nicht besser.

Aber da gab es ja noch meinen damals besten Freund Lukas. Lukas, der das Spiel definitiv zu Weihnachten bekommen würde. Lukas, dessen Eltern schon die Woche zuvor den Shoppingtrip nach Aachen unternommen hatten. Lukas, der seine Eltern dabei begleitet hatte, um sicher zu gehen, dass Zelda auch wirklich im Warenkorb landete. Und vor Allem: Lukas, der wusste, wo seine Eltern die Weihnachtsgeschenke "versteckten". Eines Nachmittags in der Woche vor Weihnachten begab es sich also, dass ich bei Lukas zu Besuch war und uns beide die Neugier einfach übermannte – gerade stelle ich fest, dass dieser Satz, stünde er etwas isolierter ein ganz anderes Szenario einleiten könnte, eines mit funkigem Boomchickawahwah im Hintergrund. Aber nein, statt Pornofunk wäre für das, was wir dann machten eher Agentenjazz angebracht gewesen, wir schlichen uns nämlich an den elterlichen Kleiderschrank, schnappten uns den edel anmutenden, schwarz-goldene Karton mit dem schicken Schild und Schwert, schlichen uns zurück ins Zimmer, öffneten den Karton, genossen den herrlich verheißungsvollen Plastikgeruch des typischen N64-Cartridge-Tütchens, bewunderten das goldene Spielmodul, steckten es in die Konsole und hielten inne.

"Aber nur bis zum Titelbildschirm", meinte Lukas. Wohl wissend, dass uns andernfalls das Aufhören schwer fiele stimmte ich zu. Lukas schob den Power-Schalter nach oben, das rote Oval an der Konsole verkündete die Stromzufuhr und dann folgte oben beschriebenes Intro. Ich übertreibe nicht, wenn ich von Gänsehaut berichte! Die Vorfreude, der Hype, nicht zuletzt das leicht schuldhafte Gefühl der Heimlichkeit... das alles vermischte sich zu einem angenehm magenverknotenden Gefühl der Aufgeregtheit, wie ich es sonst in Verbindung mit Videospielen nur ein einziges Mal, einige Jahre vorher verspürte, als mir ein anderer Freund heimlich seine Kopie von Samantha Fox Strip Poker zeigte. Bei Zelda allerdings war die Freude ehrlicher *wink wink*.

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