Eins gleich vorweg genommen: ich hatte mir das Ganze etwas spaßiger vorgestellt, ich bin aber vermutlich auch mit recht naiven Erwartungen an die Sache herangegangen. Zum Beispiel war ich überrascht über den großen Andrang, über die Vielzahl an nächtlichen Museumsgängern, die sich, besonders im Altstadtgebiet, mit promilleumnebelten Partyvolk vermischte. "Warteschlangen, Straßenbahnunfall, Catfight im McDonald's... ich sehe heute alles, außer Kunst." So lautete ein Tweet, der mir gestern Nacht unter dem Nagel brannte. Ich weiß schon, warum ich die Innenstadt an Wochenendabenden sonst in der Regel meide. "Freitags bleib ich gern zuhaus, denn freitags geht der Pöbel aus", so formulierte es Joint Venture einst. Gestern war zwar nicht freitag, aber trotzdem tummelte sich allerlei Pöbel in Düsseldorf. Keifender, kratzender Pöbel der sich im Schnellrestaurant buchstäblich an den Haaren über den Tisch zog, Hipsterpöbel, der es unheimlich lustig fand, sich mit einem süffisanten "Wer stellt sich für sowas denn an?" ganz vorne in die Schlange zu schieben, Kunstkennerpöbel, der, den Träger der Hornbrille im Mundwinkel, die freihe Hand in die betweetete Beuge des die Denkerbrille haltenden Armes gelegt, seine Denkerpose direkt vor den Kunstwerken inszenierte und allen Anderen so nur ihr kreisrunder Haarausfall zum Betrachten blieb, und mittendrin der Ich-Pöbel, genervt und zunehmend misanthropisch. Nun gut, mit sowas war zu rechnen, und sogar ich, der ich Menschenmassen zutiefst hasse, konnte damit leben.
Mitunter durch den großen Andrang ergab sich aber wohl ein zweites Problem: Das der Shuttle-Busse. Zunächst ist ja mal wohlwollend anzuerkennen, dass extra für die Nacht der Museen frei Shuttle-Linien eingerichtet wurden, die die vielen Besucher zu den, ebenfalls wohlwollend anerkannten vielen teilnehmenden Museen, Gallerien etc. bringen sollten. Von A nach B, quasi. Nicht so ganz nachzuvollziehen war für mich allerdings, weshalb die Busse von A direktemang nach X fuhren, dann einen Abstecher nach J machten, bei Z eine Pause einlegten, bei F schon längst völlig überfüllt noch mehr Leute einsammelten, dann wieder J ansteuerten, um einen dann bei B abzusetzen, vorausgesetzt, man erkannte B als solches und musste nicht eine erneute Odyssee durch das Alphabet machen, um am Ziel anzukommen. Normalerweise liegt es mir fern, mich über solche Banalitäten zu echauffieren, aber wenn man in einem begrenzten Zeitraum möglichst viele Stationen ansteuern möchte, dann ist ineffizienter Leerlauf schon recht ärgerlich. Wenn es heißt, die Busse fahren alle zehn Minuten (circa) dann wäre es an sich doch schon toll, wenn das nicht hieße, es fährt Linie "Grün", zwanzig Minuten später noch zwei Busse der Linie "Grün", zehn Minuten später ein weiteres "Grün" und dann, wenn man sich gerade leicht entnervt eine Zigarette angesteckt hat, endlich die erwartete Linie "Rot". So kam es, dass ich trotz großzügig eingeplantem Puffer, knapp eine halbe Stunde zu spät zur Lesung von Cordula Stratmann kam, auch deshalb, weil bei Fahrtantritt alle Stationen der Linie im Schnelldurchlauf verlesen wurden, im weiteren Verlauf der Fahrt war man dann allerdings auf sich selbst gestellt, die richtige Haltestelle zu erwischen. Das war, zugegeben, sicherlich nicht so geplant, sondern vermutlich irgendeinem Software.Glitch zu verdanken, führte aber dazu, dass ich eine Station zu früh ausstieg, an einer Station, die im eigentlich recht guten Programmheft nicht als solche zu erkennen war.
Die Lesung im Haus der Architekten, beziehungsweise das, was ich davon noch mitbekommen habe, war dann aber durchaus unterhaltsam, die Fotoausstellung hingegen, bei allem gebührenden Respekt, maximal als unspektakulär einzuordnen. Etwas gutes hatte hingegen das verfrühte Aussteigen: ich sah mal etwas mehr vom Medienhafen, eine Gegend, wohin sich unsereins sonst doch eher selten verirrt. Auf meiner Suche des Veranstaltungsortes stolperte ich so über das Fotomotiv, dass mich in den #ndm12-Liveticker brachte:
Bei der Gelegeneit habe ich herausgefunden, wozu Instagram nützt: zum Schöntünchen meiner verwackelten Handybilder. Außerdem habe ich herausgefunden, wo vermutlich die Hipster Düsseldorfs zum Zahnarzt gehen. Heda, Apple, ich wittere eine neue Möglichkeit zur Anklage:
Es war mir ja schon im Vorfeld klar, dass ich wohl beim besten Willen nicht alle Veranstaltungen, sie mich interessiert hätten. Bei dem Tempo, dass ich in Zusammenarbeit mit Linie "Rot" aber bis dahin hinlegte, wurde mir schnell klar, das ich wohl stärker Sieben musste, als zunächst angenommen. Außerdem wollte ich mich ja noch irgendwo mit meinem separat von mir herumtigernden Grüppchen Freunde treffen. Also ging es, als er denn dann auch kam, mit dem Bus wieder zurück in die Innenstadt. Zentral ist gut zum Treffen, dachte ich mir. Mittlerweile waren schon gut 2 Stunden Nacht der Museen vergangen und es war Zeit für eine kleine Stärkung. Also legte ich einen kurzen Zwischenstopp im McDonald's ein, wo ich Zeuge eines waschechten Catfights wurde: Haare wurden ausgerupft, Hände wurden wild in Richtung Gegnerin gefuchtelt, Burger und Fritten flogen durch die Luft, zerrissene Ketten sorgten für kullernde Perlen und die Kassiererin erlitt einen Lachanfall. War das Performance Art? Ein Spektakel war es allemal. Danach ging's ab in die Fensterkunstaustellung im K20 am Grabbeplatz. Davor eine riesige Schlange und ein VIP-Eingang wegen Schicki-Micki-Kunstauktion. Die Schlange fraß sich zum Glück recht flott durch den Eingang, sodass ich mich nicht allzusehr über die Vordrängler aufregen musste. Drinnen dann viel Kunst, gute und ... naja, Kunst halt! Leider durfte ich hier nicht fotografieren. Diese Tatsache führte unter einigen der gelbbewesteten NRW-Forums-Fotoreportern für Empörung. Verwertungsmafia und der übliche 2.0-Mist. Meine Güte! Ein Fotografie-Verbot ist nicht unüblich in Museen, das hat nichts mit Geldmacherei oder Elitarismus zu tun, sondern zum Einen mit einer Blitzunverträglichkeit der Gemälde sowie zum Zweiten, so denke ich mir, mit Sicherheitsbedenken. Wenn man zweifelsohne sehr teure, große Kunst von so knorke Künstlern wie Magritte und Matisse hängen hat, dann kann ich verstehen, dass man nicht möchte, dass sich jeder ein detailgetreues, dauerhaftes Bild von Örtlichkeit und Sicherheitssystemen machen kann... Von meiner Seite ist hier kein Miststürmchen zu erwarten, manche Leute sollten, nur weil sie moderne Internetmenschen sind, nicht allem Analogen mit hoher Nase und einer Ära der permanenten Angepisstheit entgegentreten!
Nach dem K20 habe ich es dann tatsächlich geschafft, meinen Weg jenen meiner Freunde kreuzen zu lassen. Leider! Nichts gegen euch, ich mag euch! Aber das, was ihr euch da mit mir angeguckt habt, das stand aus gutem Grund nicht auf meiner To Do-Liste für diesen Abend... Nennt mich Banause, aber mir war das zu trocken, vielleicht auch zu anspruchsvoll, definitv aber zu langweilig. Außerdem stank es im Institut Francais nach Käse! Und die Fotos, die es dort zu sehen gab, pardon Mme la Fotografeuse, wenn das die erlesenen 12 Fotografien aus 400 waren, hatten Sie dann 388 mal die Finger vor der Linse oder so? Und danach ins Heine-Institut. Okay, das war sicher ganz interessant, wenn man die Muse hatte, sich darauf einzulassen, aber in einer Nacht, wo im Aquazoo die Otten auf mich warteten, meine Schuhe mal wieder schmerzlich ihr Fußbett vermissen liesen und sowieso viel zu viele Leute da waren, um sich alles ausreichend genau anzusehen... in einer solchen Nacht war ich neidisch auf folgenden Herrn, der sah zwar ähnlich gelangweilt aus, wie ich, hatte dafür aber den Vorteil eines Sitzplatzes:
Also seilte ich mich daran anschließend erneut von der Gruppe ab. Schließlich war es ja schon recht spät, ich wollte unbedingt noch in den Aquazoo und bei meinen Erfahrungen mit den Shuttle-Bussen hegte ich die Befürchtung, dort entweder nicht rechtzeitig anzukommen, oder aber den letzten Bus von dort weg nicht mehr zu kriegen. Denn, liebe Veranstalter und/oder Verfasser des Info-Hefts, die Angabe, dass die Busse von 19 bis 2 Uhr führen ist in einem Liniennetz, wo höchstwahrscheinlich nicht an jeder einzelnen Haltestelle Punkt 2 Uhr nachts ein Bus abfährt, relativ vage. Wie ich erwartet hatte, wurde der Aquazoo dann auch meine liebste Station der Nacht. Nicht nur, weil Tiere in Aqua- und Terrarien nunmal etwas aufregender sind, als mittendrin aufgeschlagene, alte Bücher in Vitrinen, sondern auch, weil es im Aquazoo jede Menge Infostände zu den verschiedensten Themen gab, da freute man sich sogar über die Herren und Damen vom Zoll, die einem beschlagnahmte Schmugglerware aus bedrohten Tierarten und Tierprodukten präsentierten und erklärten. Für die Otten war es leider schon zu spät, dafür gab es aber noch ausreichend andere Tiere zu sehen, besagte Infostände, sehr nette Rockabilly-Live-Musik und einen Cocktailstand, der zwar, anders als die sonstige Verpflegung in der Nacht der Museen, gepfefferte Preise hatte, aber zu jener späten und erschöpften Stunde genau das Richtige war. So endete die Nacht der Museen für mich in einem flauschigen Haufen Versöhnlichkeit.
Fast, denn das Stadtarchiv lag noch auf dem direktem Weg zu mir nach Hause (mit der U-Bahn, übrigens, ganz entspannt, auf direktem Wege und ohne plötzliche Fahrerpausen). Das Stadtarchiv war aber tatsächlich noch langweiliger, als es klingt.
Das waren nun also meine Eindrücke von der Düsseldorfer Nacht der Museen 12. Sehr subjektiv und sicherlich eher durch die verklärt gräuliche Brille der Ernüchterung betrachtet. Unterm Strich kann ich doch sagen, dass ich schon auch Spaß hatte, vielleicht einfach zu viel wollte und etwas zu hohe Erwartungen hatte. Nächstes mal wär ich wohl wahrscheinlich gerne wieder mit dabei, dann aber mit mehr vorbereitender Planung, mehr Fußbett und vielleicht auch mit mehr Elan.