Mittwoch, 21. März 2012

52 Games: Stadt


Woche 8 im Videospielassoziationsblogprojekt 52 Games vom Zockwork Orange. Diese Runde ist der ausgeloste Begriff besonders umfassend, denn abgesehen vom Landwirtschafts-Simulator vielleicht, gibt es ja wohl in so ziemlich jedem Game die ein oder andere Stadt. Natürlich gibt es auch bei diesem Thema ein paar Kandidaten, die sich förmlich aufdrängen: Aufbauspiele wie Sim City oder die nahezu identische Cities XL-Reihe, zum Beispiel, oder das Gegenteil: Abrissspiele wie Blast Corps oder Rampage, und auch eine meine ersten nicht so offensichtlichen Assoziationen, Assassin's Creed, hat schon ein Mit-52er verbloggt. Allesamt tolle Games, aber da ich ja ganz gerne mal den Underdog herauskrame und Spiele vorstelle, die vielleicht nicht jeder kennt, habe ich mir ein eben solches für den dieswöchigen Beitrag herausgesucht:

"Du bist viel zu brav!" sagte mein Schwager mal zu mir. Gerne würde ich euch den Zusammenhang dieser Äußerung genauer schildern, aber den gab es nicht. Etwas überrumpelt von dieser kontextlosen Anschuldigung fragte ich ihn, was er denn gemacht habe, das ihn in seinen Augen so viel unbraver als mich mache. Er antwortete, er habe als Kind mal eine Ente getötet. Schockiert und für mich feststellend, dass ich dann doch lieber zu brav bin als ein Entenmörder, wollte ich wissen, wie es dazu gekommen war und bekam als Antwort folgende Anekdote: Als Kind warf mein Schwager einmal ein altes, hartes Brot in einen Ententeich und traf dabei eines der Federviecher so unglücklich am Kopf, dass es das Bewusstsein verlor und absoff. Natürlich glaubte ich ihm die Geschichte sofort (not!) und tat so, noch nie etwas von Nick Hornby gehört zu haben...

Auch wenn ich, wenn ich denn gewollt hätte, es ohne Probleme und ohne Filmszenen zu klauen geschafft hätte, die Unbravheit meines Schwagers zu toppen, muss ich eingestehen, dass er mit seiner Eingangsbehauptung gar nicht so unrecht hatte. Ich wurde erzogen, mich an Regeln zu halten, und das mache ich im Allgemeinen auch und finde das auch gar nicht weiter schlimm. Dennoch wünschte ich mir ab und zu, in mir steckte ein kleines bisschen mehr Rebell. Nicht viel, denn die meisten Regeln haben ihren Sinn und eine Einhaltung selbiger dient letztlich auch einem selbst. Allerdings gibt es ein delinquente Handlungen, die ich für maximal halb so schlimm halte und gerne auch mal ausprobieren würde, wenn ich nur nicht so verdammt "brav" wäre! Dazu gehört auch Graffiti-Gesprühe.

Ihr kennt diese Situation sicher auch: Man streift ziellos durch den Elektronik-Fachmarkt seines Vertrauens. Eigentlich sucht man nichts Bestimmtes und braucht auch eigentlich gar nichts, trotzdem verspürt man die große Lust, sich mal wieder irgendwas Nettes zu gönnen, Musik vielleicht, oder eine DVD im Angebot. Aus dem Augenwinkel sieht man im Vorbeischlurfen die Software Pyramide oder einen Wühltisch oder auch einfach nur das Angebote-Regal der Videospiel-Abteilung. Aus irgendeinem Grund erweckt das Cover eines Games und der signalfarbene Preis-Sticker darauf genügend Aufmerksamkeit, um das Spiel in die Hand zu nehmen, nach einer kurzen, geschmeidigen Bewegung des Handgelenks und flüchtigem Betrachten der Rückseite der Case erscheint einem eine eilig durchgeführte Kosten-Nutzen-Abschätzung als ausreichend ausgeglichen und kurz darauf verlässt man mit einer Spur "Buyer's Remorse", also dem schlechten Gefühl nach überhasteten Einkäufen, aber auch einer ordentlichen Portion Freude über das neue Game den Laden. Marc Ecko's Getting Up – Contents Under Pressure war für mich eines dieser Spiele.

Ich hatte vorher noch nie etwas von Getting Up gehört, und ich denke mal, auch dem ein oder anderen Leser sagt das Game überhaupt nichts, deswegen hier eine Review, die einem einen ganz guten Überblick über das Spiel liefert:


Getting Up ist also ein Sandbox-Game, in dem es darum geht, sich als Sprayer in einer fiktiven, dystopischen Großstadt einen Namen zu machen. Bewaffnet mit einem Rucksack voller Sprühfarben bekämpft man die graue Trostlosigkeit der Stadt und Big Brother. Das Spielprinzip klingt nun wirklich nicht superspannend, ist es auch nicht unbedingt, sehr herausfordernd ist das Spiel auch nicht und beim Daddeln hatte ich auch latent das Gefühl, gerade etwas ziemlich dämliches zu Spielen – wenn auch längst nicht so viel wie bei Viva Piñata. Aber verdammt nochmal, das Game hat Spaß gemacht! Ab einem bestimmten Punkt in der Story konnte man mittels eines rudimentären Editors seine eigenen Graffiti-Designs entwerfen, was immer gut ist. Außerdem hat ein Spiel mit Adam West als Synchronsprecher sowieso einen Pluspunkt, sei es auch ein noch so kleines Cameo. Vor Allem aber konnte ich anarchistisch sprühend durch die Gegend rennen und mir dabei so herrlich unbrav vorkommen – viel, viel unbraver als der About A Boy-Boy. In your face, Schwager!

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