Montag, 23. Juli 2012

52 Games: Meilenstein


Schon wieder ist eine Woche rum, und ich habe es nicht rechtzeitig geschafft, meinen 52 Games-Beitrag zu verfassen, dabei war mir diesmal relativ schnell klar, worüber ich schreiben möchte. Nunja, kommt meine Interpretation des 25. Themas halt einen Tag zu spät. Ist ja auch nicht schlimm... Doch zunächst mal das Gamer's Digest zur letzten Runde.

Meine Highlights zu Thema 24: Weltraum

Irgendwie schon wieder die üblichen Verdächtigen, aber was soll ich sagen? Die Jungs können einfach schreiben, zumindest für meinen Geschmack.
  • Dons Welt über Space Quest 2, weil ich selten eine solch unbefriedigendes Ende eines Spiels erlebt hab – schon gar nicht aus zweiter Hand! "Mir bleibt nur die Cryokammer und ein langer, traumloser Schlaf. Spätestens bis Space Quest III. Ernüchternd."
  • Redmaker über Civilization 4, weil ich beim Lesen des Textes das Gefühl hatte, dass Brain von Pinky und Brain ihn verfasst hätte. "Aber eines Tages…! Und bis dahin wähle ich halt einfach weiter mich selbst, schleime mich überall ein und überrenne sie alle."
  • PeteBACK über Spore, weil er einfach nur so uneingeschränkt recht hat! "Da hat es mir um "Spore" echt leid getan, dass es gerade so enden musste. Beim Weltraum hat die Liebe der Entwickler für das Spiel wohl irgendwo aufgehört.
 Mein Beitrag zu Thema 25: Meilenstein

Meilenstein, im ursprünglichen Sinne eine Markierung, die einem verrät, wie weit man von irgendwo weg ist. So gesehen könnte man fast jedes Spiel als Meilenstein bezeichnen. Auf dem Stein für Battlefield, zum Beispiel, könnte stehen: "Distanz zu Call of Duty und Medal of Honor: 0 Innovationseinheiten", auf dem von The Black Eyed Peas Experience müsste man lesen: "Grenze des guten Geschmacks: Lichtjahre entfernt"...

Im heutigen Sprachgebrauch steht "Meilenstein" ja aber eher sinnbildlicher für einen Vertreter eines bestimmten Gebietes, der in eben jenem neue Maßstäbe setzte, an welchen sich alles Folgende zu messen hat. Ein solcher Meilenstein ist, zumindest in meinen Augen, Grand Theft Auto 3.




GTA 3 war das erste Game, dass zuerst auf Konsole und dann erst für den PC umgesetzt wurde, und schon alleine das macht es zu einem Meilenstein. Aber darum geht es mir gar nicht.

Ich bin ein großer Freund von Sandbox-Spielen. Spiele, in denen man in einer großen Spielwelt tun und lassen kann, was man will. Zwar ist GTA 3 in keinster Weise das erste Open World Game, nicht einmal das erste in 3D, aber man muss ja auch nicht immer Erster sein, um Maßstäbe zu setzen.

GTA 3 hat so unglaublich viel richtig gemacht. Ein zentraler Aspekt von Open World Games ist Freiheit. Freiheit lässt sich mit Liberty übersetzen. GTA 3 spielt in Liberty City! Wäre ich schreibfaul, wäre damit schon genug gesagt. Bin ich aber nicht, und deswegen elaboriere ich. Meiner Ansicht nach besteht, auch wenn auf Wikipedia eine Suche nach Sandbox-Game auf den Artikel über Open World Games leitet, ein entscheidender Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen. In Open World Games wird man nicht, wie im klassischen Spielformat, von einem Level ins nächste geschmissen, sondern man hat eine gewisse Auswahlmöglichkeiten, was die Reihenfolge der Spielabschnitte angeht. So gesehen machen die vereinzelt eingestreuten Abzweigungen in Super Mario World dieses schon zu einem Open World Game. In Sandbox-Games hat man darüber hinaus noch die Wahl, statt einer die Story vorantreibenden Mission auch reine Prokrastinationstätigkeiten auszuüben. In Ocarina of Time beispielsweise konnte man Angeln, Reiten oder mit Hühnern Paragliden. Das war schonmal eine ganz nette Abwechslung. 
In GTA 3 aber gab es so viele Möglichkeiten, sein Spielerlebnis im Sandkasten "Liberty City" zu individualisieren. Das fing schon an bei der freien Fahrzeugwahl, wenn man ein Auto sah, das einem zusagte, dann nahm man es sich einfach. Hatte der Fahrer, von dem man sich dieses Auto "geliehen" hatte einen schlechten Musikgeschmack, so wechselte man einfach den Radiosender. GTA 3 war das erste, und bislang auch fast das einzige, Spiel, in dem ich mir die Mühe gemacht habe, meine eigene Musik zu importieren. Meist lief es aber darauf hinaus, dass ich früher oder später auf Chatterbox FM umschaltete und den wunderbar zynisch-satirischen Gesprächen dort lauschte. Nicht selten parkte ich mein Fahrzeug dafür am Straßenrand und schaute dem Staftleben dabei zu, wie es an mir vorüberzog. Schön war auch, wenn es dann anfing zu regnen: die Straßen wurden leerer, alles wirkte etwas gedämpfter und ich fühlte mich richtig wohl in "meinem" trockenen Auto. Kleine Fluchten aus dem hektischen Ganovenalltag einer Metropole.
Das war jetzt nur eine von vielen Möglichkeiten, wie man in Liberty City die Zeit verbringen konnte, ohne den Spielfortschritt voranzutreiben. Doch allein die Sandbox selbst, Liberty City also, hat einen eigenen Absatz verdient. Liberty City war nämlich wirklich eine lebendige Stadt und kein potemkisches Dorf mit viel Kulisse aber wenig dahinter. Liberty City war bewohnt, und das merkte man. Die Bürger der Stadt waren nicht nur von Programmierern fest platzierte Szenerie, sie waren eigenständige Passanten, die durch die Straßen der Stadt zogen, stritten, ausgeraubt wurden, von Prostituierten bedrängt wurden et cetera. Allein dieser Umstand machte das Spielen von GTA 3 zu einem Erlebnis, dass der Reihe zurecht neuen Aufschwung bescherte. Der Reihe und dem Genre. Nicht ohne Grund muss sich bis heute jedes Sandbox-Game, selbst jene aus dem eigenen Hause Rockstar, an Platzhirsch Grand Theft Auto messen lassen.

Aber auch in negativer Hinsicht scheint GTA Maßstäbe zu setzen. Immer wieder, wenn die Medien mal wieder das Bedürfnis haben, auf die unglaublichen Gefahren von "Killerspielen" hinzuweisen, fällt die Rede auf GTA, oder es werden Szenen daraus eingespielt. Ich kann das ganz und gar nicht nachvollziehen. Gut, bedingt durch die inhärente Freiheit im Spiel hat man die Möglichkeit mit Kettensägen auf Passanten loszugehen, aber ganz ehrlich, wer macht das schon? Okay, ein-, zweimal probiert man anfangs vielleicht aus, ob das wirklich geht, aber derjenige, der auch nach dem anfänglichen Ausprobieren noch Spaß daran findet, der hat ganz andere Probleme, die sicherlich nicht vom Daddeln kommen. Besonders in den USofA hört man FOX News-Hetzer gerne naserümpfen: "In GTA 3 kann man mit einem gestohlenen Auto zu einer Prostituierten fahren, mit ihr Sex haben und sie danach mit einem Baseballschläger ermorden und ausrauben." Schmunzelnd stelle ich dann immer fest, dass in einem Land, in welchem der Vizepräsident seinem Freund beim "Sport" eine Ladung Schrot in Gesicht und Brustkorb jagt, besonders die Sache mit der Hure Anstoß findet. In GTA wird man für Amokläufe belohnt, heißt es. Stimmt nicht! In GTA gibt es Fahndungslevel, die bei solchem Verhalten zügig nach oben schnellen. Es gibt keine Sonderpunkte für Headshots oder besonders blutrünstige Attacken wie in anderen Spielen. Der Unterschied zu klassischen Ego-Shootern sei, dass diese im Prinzip ja nur Räuber und Gendarm in groß wären. Ja, meine Güte, GTA ist Playmobil in groß. Ich kann und will nicht verstehen, warum es schlimmer sein soll, wenn man die theoretische Möglichkeit besitzt auf Passanten loszugehen (wobei hier die Gewaltdarstellung auch eher comichaft denn Gewaltphantasien befriedigend daherkommt), als wenn man im Auftrag des US Militärs Videospielversionen realexistierender Persönlichkeiten eine Kugel in die Strin jagen kann, was dann auch noch schön mit Kamerafahrt, Zoom und Zeitlupe inszeniert wird. Doch genug des Rants, das hat mit dem eigentlichen Thema "Meilenstein" schon nichts mehr zu tun.

Also besinne ich mich zurück auf das dieswöchige Thema und halte fest: GTA 3 war ein Meilenstein auf dem Weg zum selbstbestimmten, atmosphärisch dichten, lebensähnlichem (weil nicht lebensnahem, aber glaubhaftem) Daddeln und hat somit auf ewig ein Podest in meinem Gamerherz verdient!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen